Kapitel: Archiv / Alte Website (2005) / Annahme der Welt
Im Denkmalkreis liegt der Baum des Lebens
... denn die Zeichen einer Kultur bezeichnen sie.
Ein Baum des Lebens durchbricht den dunklen Ring.
Das Denkmal zeigt den Gang ins eigene Innere. Man sieht einen Teufelskreis der Gewalt, durchbrochen vom "Baum des Lebens". Es ist ein Friedenszeichen, das als Friedenstat weiteren Frieden bringt: Im Land und im persönlichen Leben des Einzelnen. Es steht für einen liebevollen Weg, mit der persönlichen Vergangenheit und der Vergangenheit unseres Landes umzugehen - an Beidem hat der Mensch zu tragen. Lassen Sie sich auf einen Versuch ein? Spüren Sie mal in sich, was Ihr Herz Ihnen über das einfache Bild oben erzählt. Lassen Sie sich ein wenig Zeit bei der Betrachtung. Wir müssen die Dinge erfahren, fühlen und durchleben, daß sie auch im Inneren ankommen und so zu einem Schatz werden. Man kann die Dinge nicht nur im Verstand abhandeln, will man gelebt haben. Wir alle sind Gefangene unserer Denkmuster. Vielleicht kann ein neues Denken nur in einem "Herzensbild" seinen Weg in die Welt finden.
Der Frieden bedarf der fortdauernden Bemühung des Friedenstiftens. Die positive Kraft der Zeichen zu nutzen ist ein effektiver Weg, um an einer friedlicheren Welt zu bauen. Krieg und Frieden haben Ursachen auf einer tieferen Ebene des kollektiven und auch individuellen Bewußtseins. Der Mensch kann nur im Rahmen seiner inneren Worte und Bilder denken. Gelangt deshalb ein Symbol des Friedens ins Bewußtsein, so bewirkt es tatsächlich mehr Frieden in der Welt. Zudem vermittelt ein Verständnis des hier vorgestellten Ansatzes den Schatz eines inneren Wissens, der den Weg hin zu mehr Glück und Frieden auch im eigenen Leben deutlicher machte. Diese Betrachtung reicht in jene Seelentiefe des Herzens, die uns mit dem Raum jenseits unserer Worte verbindet und in der eine Heilung der Vergangenheit geschehen kann.
Das deutsche Trauma - Frieden stiften als Antwort
Über den gesunden Umgang mit der Vergangenheit - der dialektische Prozess1. Schritt: Betrachtung des Themas / Trauma der Vergangenheit
2. Schritt: Auseinander-Setzung / "Vergangenheitsbewältigung"
3. Schritt: Integration / Frieden stiften
Erst der 3. Schritt der Integration, kann eine Überwindung der Gewalt und und mehr Frieden bringen. Laßt uns nach dem Holocaust-Mahnmal, das den notwendigen Schritt der Auseinander-Setzung bezeichnet und in seinen Wogen (gewellter Boden) neues Leben zulassen will, nun auch ein Denkmal als ein Friedensmal bauen, welches für das Miteinander steht und neues Leben ausdrückt. In ihren Bauwerken drückt sich die Geisteshaltung einer Kultur aus; sie wird hier konkret und wirkt wieder auf Menschen. Die Symbole einer Kultur - weil sie zum ihrem geistigen Fundament zählen - sind entscheidend für ihre Zukunft. Mit dieser Gestaltung als praktische Friedensarbeit sind wir in unserer Zeit bei unseren Problemen angelangt, denn Frieden ist! Frieden läßt sich nicht eingrenzen - er wirkt fort in die Zukunft und strahlt aus in die Welt. Deshalb ist dieses Projekt nicht "deutsch", sondern kann nur international sein. Es zeigt die Möglichkeiten der Kunst für eine effektive Friedensarbeit auf; keine Sprache reicht tiefer in die Seele des Menschen als die Sprache der Symbole. Die Kunst kann noch berühren, wo die Worte bereits versagten, und in der Schönheit einer sanften Berührung öffnen sich die Herzen. Denken Sie an die Poesie in Sprache und Musik. Die vornehmste Aufgabe der Kunst sei es wieder, die neuen Wege zu zeigen; gerade in Situationen von Sprachlosigkeit von Leben, Licht und Frieden zu erzählen - immer wieder neu.
Ein solcher Schritt bedeutete einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der deutschen Vergangenheit - eine Entscheidung, welche die Substanz unserer Kultur beträfe. Damit würde etwas Neues entstehen, das der Gesellschaft in positiver Weise diente: nach dem Mahnmal ein Friedensmal! Gerade wegen des Terrors der Vergangenheit, sollte das Land dem Frieden verpflichtet sein, indem eine Brücke vom Mahngedenken zum Frieden aller gebaut werde. Welchen Wert hätte ein Baum ohne Früchte in schlechten Zeiten? - Und in den Früchten wird der gute Samen für die nächste Generation weitergegeben.
1. Schritt bezeichnet das deutsch-jüdische Trauma, die gebrochene Vergangenheit (Jüdisches Museum)Es wäre eine berechtigte Frage Ihrerseits, ob Sie sich "mit diesem Thema" deutscher Vergangenheitsbewältigung beschäftigen sollen. Wer will heute noch davon hören? Wurde es nicht bereits totgeredet? Gilt es nicht jede weitere unwürdige Debatte zu vermeiden? Wir stecken im Prozess fest - deshalb die negativen Gefühle - und das tut dem Land und der Gesellschaft nicht gut. Es nimmt dem Leben an Schönheit und Enwicklungsmöglichkeit. Nicht nur ein Land, jeder Mensch hat eine Vergangenheit. Der Prozess der Versöhnung, wohlbekannt in der Philosophie, der Religion und der Psychotherapie, ermöglicht dem Menschen zu einem liebevolleren, friedlicheren und erfüllteren Leben durchzubrechen. Geistige Prozesse führen zu ganz konkreten Ergebnissen im täglich erfahrbaren Leben. Die Ebene der Seele und des Geistes gehören genauso zum Leben, wie die körperliche Ebene.
2. Schritt dient der Auseinander-Setzung. Das Holocaust-Mahnmal zeigt den "Terror der Einsamkeit" (Eisenman).Mit dem im Friedensmal bezeichneten Verständnis wird erkennbar, daß die jüngere deutsche Geschichte, die für die später in Deutschland Geborenen nur negativ als Belastung wahrgenommen wird, genauso sehr auch als ein Segen wirken kann. Verantwortung leben bedeutet inneres Wachstum und Reife, die dem Leben mehr Tiefe, Frieden und eine innere Freude geben. Der ganze Unterschied liegt darin, ob man sie wahrnimmt und lebt, oder ob man den lebensverneinenden Lügen zum Opfer fiel, die Verantwortung mit Schuldgefühlen gleichsetzen, um dem Menschen Leben zu nehmen. Es ist kein "Geburtsübel" in einem Land wie Deutschland mit seiner wahrlich schlimmen Vergangenheit geboren zu sein. Mit einem anderen Verständnis kann das im gleichen Maße, auch als Vorteil betrachtet werden. Die Erkenntnisse aus den Erfahrungen der Vergangenheit bilden das Fundament, auf dem sich eine menschlichere Gesellschaft errichten ließe und ein Leben in Würde und großer Schönheit. Deshalb laßt uns in unserer Zeit noch das Fundament in Ordnung bringen. Weder wegschauen hilft, noch ist es so, daß darüber (an)klagen bereits ein gutes Fundament schaffte. Man muß aufstehen, mit anpacken und es mit Initiative bauen - aber im Frieden; für den Frieden. Das bedeutete dann tatsächlich "Verantwortung wahrnehmen". Die Zukünftigen werden es uns danken. Der Selbsthass, der die Energien heraufbeschwört, die sich ganz schnell wieder gegen andere Menschen wenden können, ist auch eine Folge einer Art von Vergangenheitsbewältigung, wie sie sich in unserer Gesellschaft etabliert hat. Die Verbindung zu den praktischen Erfahrungen in der Psychotherapie und den Erkenntnissen in der Psychologie wurde hier noch nicht genügend geknüpft. Ein geistliches Verständnis fehlt. Diese Art der Bewältigung erreicht nicht mehr viele Leute, ja schlimmer sogar: sie schafft neue Feindschaften und Abwehrreflexe. Denn ihr mangelt es an Liebe, weil sich viele Menschen nicht selber lieben können, weil sie nie die Liebe erfahren durften, die sie brauchten... - gefangen eben in einem Kreis der Gewalt und Trennung.
Traurig ist das nicht nur wegen der Opfer des nationalsozialistischen Wahns, derer wir doch in Würde und Anstand gedenken sollten. Traurig ist das deshalb auch, weil wir so an der Chance eines Wendepunktes vorbeigehen, welche das Thema birgt. Denn wer hier in die Tiefe geht, wird finden, daß es um unser Menschsein an sich geht. Dieser große Erktenntnis- und Seelenschatz geht uns verloren, durch all die von außen erzeugten Abwehrreflexe. Man könnte auf den Gedanken kommen, daß das kein Zufall ist. Wir sollten heute dringend den 3. Schritt - den Integrationsschritt - unternehmen und so den beschriebenen Kreis des Gefangenseins in Gewalt und Trennung als durchbrochen wahrnehmen. Nicht nur, um die Gewalt zu überwinden, die uns oft auch im Mahngedenken begegnet, was ehrlich ist, was aber auch ein Zeichen ist, daß die Vergangenheit tatsächlich überhaupt nicht bewältigt ist, sondern auch um die dadurch erzeugte neue Wut in der Liebe aufzulösen. Und dann würden wir einen Segen erkennen. Das neu gewonnene Verständnis einer integrierten Vergangenheit würde zu einem Wendepunkt in der Gegenwart werden. Unser Leben könnte so viel schöner, friedlicher und erfüllter sein. In einer menschlicheren Gesellschaft würden wir wieder mehr miteinander statt gegeneinander leben. Wir könnten den Wert von Freundschaft erkennen, statt in einem "Terror der Einsamkeit" durchs Leben zu gehen. Schauen Sie doch mal in die Gesichter ihrer Mitmenschen. Wie oft begegnen Ihnen Freude am Leben? Wie oft aber Schmerz, Krankheit, Depression und Sucht?
Eine wahre Integration und ein wahres Verständnis unserer eigenen Vergangenheit und der Vergangenheit unseres Landes würde uns die Tiefen unserer Seele neu öffnen, um des Lebens mit all seiner Schönheit wieder mehr gewahr zu werden; um uns selber wieder mehr zu achten, indem wir liebevoller mit uns umgehen. Gerade wegen der Vergangenheit unseres Landes! Was könnte das anderes bedeuten als: Liebe statt Terror; gerade auch dem eigenem Land und der eigenen Gesellschaft gegenüber. Der Architekt des Berliner Holocaust-Mahnmals sprach bei seiner künstlerischen Gestaltung von Terror der Einsamkeit. Wie recht er doch hat. Erkennen Sie, wie wichtig auch für ihr persönliches Leben dieses Thema ist? Erkennen Sie, vor welchem Scherbenhaufen einer Erinnerungsarbeit wir stehen, gelingt heute nicht der so dringend notwendige Integrationsschritt?
Die Zeichen einer Kultur bezeichnen sie. Eine friedlichere Sprache ihrer Symbole bringt einer Gesellschaft mehr Frieden und bewegte Menschen, sich für positive Entwicklungen einzusetzen. Es wäre eine Friedensbewegung! In der Umsetzung dieses neuen Konzeptes für ein Gedenken, daß Deutschland mit Israel (in der geistigen Bedeutung) verbindet, soll Frieden gestiftet und ein Zeichen für das Miteinander der Menschen gesetzt werden. Nach Außen ließe dieses gesetzte Zeichen das Gesicht unseres Landes in einer Weise sichtbar werden, die Vertrauen in der Welt schafft. Nach Innen würde es die Herzen der Menschen wieder öffnen - nur so kann ein Gedenken auch zum echten Wendepunkt werden. Ohne einen solchen verbindenden Integrationsschritt wäre unser Gedenken nicht nur unvollständig, sondern sogar unehrlich, weil ohne das sichtbare Zeichen einer positiven Konsequenz: Deutschland sei Friedensnation.
Ein wenig Politisches
Gibt es eine realistische Chance für eine Umsetzung dieses "psychologisch / philosophischen Ansatzes"? So bezeichnete 1999 der ehemalige Präsident des Int. Auschwitz-Komitees Kurt Hacker meine Vision eines friedensstiftenden Denkmals, als er im Rahmen der Mahnmal-Debatte den politisch Verantwortlichen die Beschäftigung mit diesem Konzept nahe legte. Es ist gut, daß Sie sich interessieren. Wir können nicht die Verantwortung für unsere Freiheit an "übergeordnete Instanzen" abgeben, meinen wir es ernst damit. Wir sollten heute ernsthaft darüber nachdenken, wie wir in unserer Kultur zu gesünderen Werten zurückfinden können. Viele Menschen ahnen, daß die Zeiten des materiellen Überflusses in unserem Land keine Selbstverständlichkeit sind; auch das kann sich ändern. Werte, wie sie sich in diesem Projekt zeigen, können einer Gesellschaft wieder mehr Zusammenhalt geben. Ein Denken, wie es sich in der Gestaltung vom Holocaust-Mahnmal zeigt, konfrontiert und bewegt. Wohin geht diese Bewegung? Gedenken kann als ein integrativer Prozess verstanden werden, der in ein neues Verständnis führt. Um die tiefere Wirkung eines Denkmalbaus zu erkennen, muß das Verständnis in der Politik auch für eine spirituelle Dimension vorhanden sein. Es muß auch ein Verständnis vorhanden sein, daß Architektur und Sozialpsychologie keine getrennten Welten sind, sondern Eins in ihrem Wirkungsfeld. Wer baut, hat nicht nur die Verantwortung für die Statik zu übernehmen, sondern auch dafür, was es mit den Seelen der Menschen macht; was es mit einer Gesellschaft macht. Wer den Prozess, die gesellschaftlichen Spaltungen zu überwinden, blockiert, nimmt aktiv Teil im Kreis von Trennung und Gewalt, der schlimmes Leid in der Vergangenheit brachte und heute immer noch bringt. Die geistigen Dinge haben - obwohl heute oft gering geschätzt - eine enorme Bedeutung für eine Gesellschaft. Sie sind doch ihr Fundament!
Zurück zur Frage nach der realistischen Chance: Es entscheiden nicht nur die Politiker, sondern jeder einzelne Bürger durch sein oder ihr Engagement oder Interesse, wie es mit der Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft ausschaut. Dieses als gemeinnützig anerkannte Projekt, das der aktuelle Vorsitzende des Zentralrats der Juden Paul Spiegel als "sehr bemerkenswert" bezeichnete, hätte die Substanz, ein Umdenken und Erkennen in einer Sache anzustoßen, die das Fundament unserer Kultur betrifft. Die Folgewirkung wäre weitreichend. Der Schritt in die Integration ist der Schritt ins Miteinander. Bevor ich den Anderen annehmen kann, muß ich mich selber annehmen können. Das bedeutet die Annahme meiner Vergangenheit, aber auch der Vergangenheit des Landes, in dem ich lebe. Jede Blockade - auf eine solche macht meiner Meinung nach richtigerweise das Holocaust-Mahnmal (Berlin) aufmerksam - blockiert ein gesundes Miteinander in einer Gesellschaft, läßt sie in einem gespaltenen Zustand. "Terror der Einsamkeit" nannte das der Architekt des Mahnmals Peter Eisenman. Das Friedensmal wäre einer der Anfangspunkte einer notwendigen Entwicklung, welche in ein neues Miteinander münden würde - eine Überlebensnotwendigkeit sogar, wenn eine nur auf den materiellen Überfluß ausgerichtete Gesellschaft in die Krise kommt. Eine solche Bedeutung und Wirkung haben tatsächlich die Zeichen einer Kultur und es ist unsere Verantwortung, Zeichen zu setzen, die das Land in einer guten Weise weiterbringen - zum Segen aller. Was hat ein Umdenken mit Freiheit zu tun? Alles - denn in dieser Möglichkeit beginnt sie. Mehr über das Umdenken - den Wendepunkt der Liebe - erfahren Sie im 5. Kapitel "Erwachendes Herz".
* Die Meinung des Autors stützt sich auf die Erfahrung, die im Umgang mit Traumata in der Psychotherapie beim Einzelnen gemacht werden. Diese Erfahrungen sollten sich auf eine Gesellschaft übertragen lassen. Daher wissen wir auch, daß ein fehlender Integrationsschritt früher oder später zu neuem Leid führt. Sie können diese Initiative unterstützen, indem Sie die Adresse der Webseite weitergeben bzw. einen Link auf ihre Webseite setzen. Wir brauchen die Öffentlichkeit; nur mit einer breiten Unterstützung wird sich dieses unkonventionelle Projekt umsetzen lassen.
Bildnachweis: Zwei Engelbilder von Gabriele-Diana Bode (Malerin), Holocaust-Mahnmal und Jüdisches Museum: Quelle unbekannt, alle anderen Bilder sind eigene Aufnahmen.
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