Kinder nach der Feier der Eröffnung des Friedensmals am 17. Mai 2012
Kapitel: Archiv / Philosophie / Herzensbildung
Der Weg in die Beziehung
Die Symbolik im Friedensmal wirkt auf der Beziehungsebene: Ich - „Stille” in sich finden" und "Du - der Weg aus der Stille zurück ins Leben". Das Friedensmal sei Identifikationssymbol für die Überwindung der Entfremdung und einer geistlichen Befreiung des Menschen in der heutigen seelenfeindlichen Zeit, in der er sich einer materialistischen und technokratischen Ideologie (die Steine im Friedensmal dienen als Projektionsflächen für die Bilder des Verstandes) ausgeliefert sieht. So handelt die Symbolik im Friedensmal von einem neuen Aufbruch im Geistigen und von einem Menschen, der wieder zu sich selbst gekommen ist und sich so von innen gefestigt nach außen geben kann.Die Symbolik im Friedensmal ermutigt dazu, sich wieder jenes wertvollsten Potentials im Menschen bewußt zu werden, nämlich das, was den Menschen erst zum Menschen macht: seine geistige Dimension. Erst durch diese kann sich uns in unserer kurzen Lebenszeit die ganze Schönheit und Tiefe des Lebens erschließen - in Liebe. Die meisten Menschen sterben, ohne je gelebt zu haben. Wann werden wir begreifen, daß es im Leben darum geht, die Liebe zu lernen?
Der Sehnsucht Ausdruck verleihen
„Was soll denn so ein Projekt der Welt helfen?” - fragt so mancher Mensch, der sich auf dem Boden der Tatsachen weiß und sich gerne als Realist sieht. Wie realistisch ist aber tatsächlich derjenige, der nicht die Macht der Ideen anerkennt? Sind es nicht so oft die kleinen und zunächst abwegig erscheinende Ideen, die dann doch die Welt verändern? Wie soll also dieses Friedensmal der Welt helfen?Man muß als einzelner Mensch seiner Sehnsucht Ausdruck und Gestalt verleihen können, damit diese Sehnsucht nicht stirbt. Aber auch eine Gesellschaft muß dem Ausdruck verleihen, was da an Wünschen und Ängsten vorhanden ist, um Orientierung und Klarheit zu gewinnen. Das Friedensmal ist ein Ausdruck der Sehnsucht nach Freiheit und Frieden im Menschen.
Das Friedensmal taugt nicht zur politischen Kontroverse. Es ist nicht exklusiv für eine bestimmte Opfergruppe, sondern es ist für alle Menschen und für heute gebaut. Es trägt die Botschaft von neuem Leben. In einem christlichen Konzept ausgedrückt entspricht es der Botschaft von Ostern. Andere Religionen haben andere Metaphern. Mit dem Friedensmal wird Leid nicht gegenseitig aufgerechnet. Leid ist zu transzendieren und eine Last in Segen zu wandeln. Das Leid ist der in dieser Welt gefangenen Menschenseele zugeordnet. Aufgabe sei aber zu finden, was Erlösung vom Leid und seelischer Gefangenheit bringt und sich dafür einzusetzen, dafür zu leben, es durch einen fließen zu lassen; tatsächlich zu lernen die Liebe zu leben - da „der Sohn” in einem selbst Wirklichkeit wurde, weil er erkannt wurde. Man findet sich dann selbst als Sohn, als Tochter dessen, der/die/das als Macht hinter allem Leben steht. In den Worten der christlichen Mystik: "Wäre Christus tausendmal zu Bethlehem geboren und nicht in dir, du wärest ewiglich verloren." (Angelus Silesius)
Die Erinnerungssteine im Friedensmal sind deshalb leer; offen und frei für das, was da an Projektion im Menschen vorhanden ist. Denn: die eigentliche Erneuerung und der Friedensschluss kann sich nur im Menschen selbst verwirklichen. Als Friedenszeichen für unser Land möge auf die Steine die Last der deutschen Vergangenheit projiziert werden: Verfolgung, Krieg, Shoah. Jeder dieser Steine steht aber für die Wandlung der Last in einen Segen für die Zukunft, was „deutsche Verantwortung” sei; wie das auch für jede andere Nation in der Welt gilt.
Das Friedensmal ist die Verwirklichung einer Idee, die für das Leben steht. Das ganze Denkmal wurde vom Wendepunkt in der Mitte des Friedensmals aus konstruiert. Auf ihm ist in hebräisch geschrieben: "leben". Diese Idee des Lebens soll ein notwendiger Beitrag zur deutschen Kultur sein. Sie möge als solche - in Stille - gewürdigt und gefunden werden.
Das Friedensmal steht für die Versöhnung - in Wahrheit, Gerechtigkeit und Vergebung; was eben im Baum des Lebens (im Denkmalkreis) geschehen kann. So können dann manche Menschen auch erkennen: wir schaffen keine Versöhnung, weil wir weder Wahrheit, noch Gerechtigkeit, noch Vergebung fertigbringen. Und so zielt dann die Symbolik des Friedensmals auch auf das Eigentliche, was der Mensch in seinem Glauben an eine tiefere Wirklichkeit bzw. Höhere Macht finden möge: ein Frieden und eine Gerechtigkeit, die ganz natürlich aus dem eigenen Herzen heraus in die Welt wirken möchte.
Christlich ausgedrückt: Der Friede, nach der sich die Menschheit sehnt, wächst aus der Versöhnung. Dann ist der Friede mit und von Gott möglich. In dem Wort Versöhnung steckt als Bedeutung das Wort Ver-Sohnung. Es ist der Friede, der sich auf dem Weg (mit Gott) zu sich selbst finden läßt und den der Einzelne so - im Sohn - in die Welt schenken kann.
Zurück zur Übersicht: Philosophie