Orientierung Philosophie

Einweihung des Friedensmals im Jahr 2015 mit Schulklassen aus Israel und Bensheim

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Bilder der Heilung als Orientierung

Wer sich aufmacht einen langen Weg zu gehen, möchte eine Orientierung haben und wissen, daß der Weg in eine sinnvolle Richtung führt. Das Leben ist ein solcher Weg, auf dem wir uns fortwährend durch Prozesse entwickeln. Oft verfangen wir uns aber auch auf einer bestimmten Stufe eines Prozesses. Wie also einem Menschen Mut machen, wenn er nicht weiß wo er steht und auch keine Ordnung in seinen Lebensprozessen sieht? Wie einem ganzen Land Mut machen?

Wir denken in Worten und Bildern. Jede Veränderung ihres Verständnisses, ihrer Zuordnung und Wertung, hat eine immense Wirkung auf den Einzelnen und auf eine Gesellschaft. Jene Worte und Bilder, die eine innere Wahrheit im Menschen berühren, können helfen, Blockaden aufzulösen. Der Mensch würde sich nicht mehr von außen blockiert und manipulierbar, sondern als innerlich frei geworden erfahren. Eine ganze Gesellschaft kann so in sich die Kraft für einen seelischen und geistigen Aufbruch finden.

Die Kraft der Zeichen liegt darin, daß sie mit neuen Bildern im Verständnis eine
neue Freiheit im Denken ermöglichen. Die Symbolik des Friedensmals beschreibt für unsere gesellschaftliche Situation in Deutschland einen Prozess der Heilung. „Bilder der Liebe” können den Menschen in unserem Land eine neue Freiheit und Wertschätzung des Lebens schenken. So handelt diese Website von einer Verantwortung und einer guten Bestimmung für unser Land.


Eine Idee kommt in die Welt

Eine Idee kann die Kraft haben, einer Gesellschaft Veränderung zu bringen. Der Ausdruck einer Idee - ein Symbol, ein Denkmal - befördert sie und so kann in diesem Friedensmal die Kraft der Veränderung wirken - alles Leben ist Veränderung. Es wäre in diesem Kontext der jüngeren deutschen Vergangenheit wohl die erste Friedens- und Freiheitsstätte in Deutschland. Diese Stätte bringt ins Bewusstsein, daß ein Denkmal nicht zwangsläufig auf die Vergangenheit bezogen sein muß, sondern gleichermaßen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindend ansprechen kann. Warum gab es bislang noch kein solche Friedensstätte, aber es gibt so viele Mahnmale, die ohne Hoffnung und Leben kaum noch von der jüngeren Generation angenommen werden? Spricht nicht aus aller Absicht der Konfrontation mit Vergangenem ohne die Integration, ohne die gute Frucht der Anstrengung im Blick zu haben, eine Blockade?

Mit dem Friedensmal wird die Bindung an den Glauben an eine fruchtlose Konfrontation ohne Aufbruch und Heilung, der eigentlich eine Opferhaltung bezeichnet, aufgebrochen. Das befreit - als Wendepunkt fürs Leben (die Mitte im Friedensmal) - zur Arbeit für eine bessere Zukunft, eben als Konsequenz schlechter Erfahrungen der Vergangenheit; damit ist gerade auch der Einzelne gemeint. Es befähigt Deutschland dazu, sich im Geist der Freiheit seiner geschichtlichen Verantwortung zu stellen und in diesem Sinne seiner Verantwortung in der Welt gerecht zu werden. Es befreit dazu, nicht nur die Last im Vergangenen zu sehen, sondern auch die Möglichkeit gerade wegen dunkler Erfahrungen in der Vergangenheit heute einen Segen zu bringen. Wobei „Segen bringen” gerade nicht bedeutet, dass am deutschen Wesen die Welt genesen müsse, sondern vielmehr, dass man die Vorstellungen anderer achtet, bei sich bleiben kann und ein gesundes Gefühl zu sich selbst entwickelt. Es befreite Deutschland auch aus seiner Opferhaltung, die zunächst geschichtlich betrachtet kurios erscheinen kann, aber dialektisch betrachtet in der einseitigen Bindung an die Stufe der Konfrontation begründet liegt. Die Überwindung dieser Bindung öffnete auch den Blick (wieder) für das Geistige. Damit ist viel erklärt.

Das Konzept des Friedensmals beruht auf einer Einsicht, die schon Platon in seiner Ideenlehre zum Ausdruck brachte: Alle Entwicklungen, die wir in der Welt erkennen sind Auswirkungen von Ideen im Geistigen. Veränderung kann also auch nur zunächst im Geistigen geschehen. Dort wird sie in Gang gesetzt, dort gilt es zu arbeiten. Der Versuch die Welt zu verändern ohne Beachtung der geistigen Realität ist wie ein „Kampf gegen Windmühlenflügel” - fruchtlos. Und dann kommt die Idee in die Welt und muss sich im Materiellen verankern, z. B. durch ein materielles Kunstwerk. Es ist zu hoffen, daß in unserer Gesellschaft rechtzeitig die Erkenntnis wiederentdeckt wird, wo Heil und wo Unheil liegt, daß sie wieder lernt dem Geistigen den Stellenwert zuzumessen, den es tatsächlich auch innehat. Das scheint mir eine Überlebensfrage unserer Kultur und Gesellschaft zu sein. Deutschland wurde einst als Nation der Dichter und Denker bezeichnet. Wo stehen wir heute?


Am Abgrund

Wenn nur noch von Mahnmälern gesprochen wird - bei aller Berechtigung - aber die Idee, Zeichen des Friedens und der Freiheit zu setzen, absurd erscheint, weil sich für solche Zeichen in dieser Welt niemand mehr interessiert, stehen wir dann vorm Abgrund?

Wenn es eines Tages keine heiteren Narren mehr gibt, die den Mut haben, trotz allem und gerade weil die Welt so ist, wie sie ist, Zeichen des Friedens und der Freiheit zu setzen - bei aller scheinbaren Vergeblichkeit - dann sind wir hoffnungslos im Abgrund. Verloren.

Denn es wäre eine kalte Welt
ohne Liebe. Eine sterbende Welt.

Liebe will nicht verändern - weder die Welt noch die Menschen. Sie IST Veränderung. Sie mag nach Narretei aussehen und ist doch größte Weisheit. Sie ist Leben.

Wo stehen wir?


In den Abgrund tretend




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