Brücken bauen ... zur gemeinsamen Mitte

Kapitel: Friedensweg / Brücken


Die Verankerung in der Geschichte

Das Friedensmal verkörpert eine bedeutsame konzeptionelle Evolution. Ursprünglich 2013 als 'Jerusalem Friedensmal' in Jerusalem eingeweiht, fokussierte es sich auf die komplexen deutsch-jüdischen Beziehungen. Die Wurzeln des Friedensmals reichen tief in die jüdisch-christliche Tradition und die Geschichte der Region. Der Name 'Yerushalayim' (mehr Informationen) auf dem Stein der Begegnung verweist auf diese Wurzeln der deutschen Kultur. Das Bewusstsein der eigenen Herkunft ist wichtig, um in dieser Verwurzelung Kraft zu finden, wieder als Individuum oder Nation ins Licht wachsen zu können.

Das Weltkulturerbe der SchUM-Städte Worms, Speyer und Mainz, auch als 'Jerusalem am Rhein' bekannt, verleiht dem Denkmal eine überregionale historische Dimension.
Vom Friedensmal aus erblickt man die Silhouette der Stadt Worms mit ihrem markanten Dom in 22 km Entfernung. Diese Städte gelten als Geburtsstätte der aschkenasisch-jüdischen Kultur im Hochmittelalter und waren Zentren jüdischen Lebens in Europa. Der (Jerusalem) Stein der Begegnung erinnert an die bewegte Geschichte der jüdischen Gemeinden in dieser Region – geprägt von Zeiten der Verfolgung, aber auch der Versöhnung. Gleichzeitig bringt ein nahegelegenes ehemaliges KZ-Außenlager am Ort einen spezifischen lokalen Bezug ein. Diese historische Dimension verstärkt die zeitlose Botschaft des Friedensmals, das nicht nur die Schrecken der Vergangenheit anerkennt, sondern auch das Potenzial für ein zukünftiges Zusammenleben in Frieden und gegenseitigem Respekt hervorhebt.


Jerusalem Stein 3


Vom spezifischen Denkmal zum universellen Symbol

Die historischen Belastungen im deutsch-jüdischen Verhältnis haben tiefgreifende Strukturen in der deutschen Gesellschaft geschaffen und beeinflussen sowohl die Menschen als auch die Politik erheblich. Die Aufarbeitung dieser Traumata ist essentiell, um eine 'Wiederholung der Vergangenheit in einem anderen Gewandt' zu verhindern. Seit dem Beginn des Projektes im Jahr 1998 hat sich jedoch gezeigt, dass der direkte Ansatz zur deutsch-jüdischen Versöhnung durch das Denkmal nicht ausreichend funktioniert.

In einem kreativen Prozess wandelte sich das
Friedensmal von einem spezifisch ausgerichteten Denkmal zu einem universellen Symbol spiritueller Versöhnung und Heilung. Der ursprüngliche Versuch, das Jüdische in der deutschen Kultur zu erklären und dadurch eine Brücke des Verständnisses zu bauen, entwickelte sich zu einer Botschaft, die alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder religiösen Überzeugung zu Frieden und gegenseitigem Verständnis einlädt. Das Friedensmal spricht nun verschiedene Religionen und Weltanschauungen an und fördert kollektive Heilungsarbeit, die kulturelle und religiöse Grenzen überschreitet. Es thematisiert das deutsch-jüdische Thema nun auf eine indirektere, aber tiefgreifende Weise und ermutigt zur Heilung von Traumata als globale Aufgabe der Menschheit.


Zurück zum Friedensmal - auf einer höheren Ebene

Heute trägt das Friedensmal wieder seinen ursprünglichen Namen und steht für eine zeitlose, universelle und grenzenlose Botschaft. Sie lädt dazu ein, über den spezifisch deutsch-jüdischen Kontext hinaus zu blicken und die Aufarbeitung von Traumata als eine weltweite Aufgabe der Menschheit zu erkennen. Das Friedensmal wird so zu einem Ort der inneren Einkehr, der uns ermutigt, uns von alten Mustern zu lösen und unsere wahre Natur zu entdecken.

Dieser erweiterte Ansatz öffnet das
Friedensmal für ein breiteres Publikum, ohne seine Wurzeln zu verleugnen. Symbolische Elemente wie 'Yerushalayim' und 'Chai' werden universell präsentiert, um menschliche Werte zu betonen, die Nationen und Kulturen verbinden. Dies fördert die Versöhnung im deutsch-jüdischen Verhältnis und unterstützt die Akzeptanz des Projekts durch ganz unterschiedliche Gruppen. Das Friedensmal wird somit zu einem kraftvollen Symbol universeller Versöhnung und Heilung, das Brücken zwischen Kulturen baut.

Das
Friedensmal ist mehr als nur ein Ort der Erinnerung; es ist ein Symbol der Hoffnung, das an 'die Idee von Jerusalem' erinnert. Es lädt ein, nicht in der Schwere der Geschichte zu verharren, sondern zu erkennen, dass die Aufgabe darin besteht, sich in individueller und kollektiver Verantwortung zu klären, zu verändern, zu wachsen und sich wie es das in der Mitte des Friedensmals gesetzte ‚Chai’ versinnbildlicht, dem Leben zuzuwenden.


Das Schild am früheren Ort


The lovers, the dreamers and me

Dies ist eine Zeile aus dem Song "The Rainbow Connection", The Muppet Movie 1979… Die ursprüngliche Vision des 'Jerusalem Friedensmals' wird in einer neuen, symbolträchtigen Form bewahrt. Am Waldrand entsteht das 'Traumreich' - ein metaphorischer Ort für jene Liebenden, die an ihren Friedensvisionen festhalten. Hier wird das einst zentrale Schild 'Jerusalem Friedensmal' wieder aufgestellt, nicht als Rückkehr zum früheren Konzept, sondern als Hommage an die unermüdlichen Träumer und Visionäre. Es symbolisiert den beharrlichen Glauben an eine bessere Welt, trotz mangelnder Unterstützung von Seiten der Gesellschaft, Organisationen und Politik.

Diese künstlerische Geste unterstreicht die Kraft der Ideale und Träume, die oft an den Rändern der Gesellschaft weiterbestehen. So verbindet das
Friedensmal seine lokalen Wurzeln mit einer universellen Botschaft, indem es sowohl an konkrete historische Kontexte erinnert als auch eine grenzenlose Hoffnung auf Frieden verkörpert.


Herausforderungen und Neuausrichtung

Die Entwicklung des Friedensmals war von verschiedenen Herausforderungen geprägt. Die Zusammenarbeit mit Organisationen im Bereich 'Erinnerungskultur' erwies sich als schwierig, wobei der Umgang mit der NS-Vergangenheit und die politische Instrumentalisierung der Geschichte einen offenen Dialog erschwerten. Der Konflikt im Gazastreifen (2023) brachte zusätzliche Komplexität.

Diese Situationen führten dazu, dass das
Friedensmal, ursprünglich als Raum für Reflexion und Versöhnung gedacht, zunehmend in einen politisch aufgeladenen Kontext geriet. Als Reaktion darauf wurde die Entscheidung getroffen, das Friedensmal als 'freie Kunst für den Frieden' neu zu definieren, unabhängig von spezifischen Gruppen, Religionen und Nationen.


Herstellung des Schildes


Brücken bauen zur gemeinsamen Mitte

Das Friedensmal symbolisiert die unendliche Reise der Menschheit auf der Suche nach Frieden, Verständigung und spiritueller Einheit. Inspiriert von Sokrates' Weisheit, 'ich weiß, dass ich nicht weiß', betont es die Bedeutung von Offenheit und intellektueller Bescheidenheit im Streben nach Wahrheit.

In seiner Mitte findet sich die
Blüte des Lebens als metaphorische Brücke zwischen verschiedenen spirituellen und kulturellen Traditionen. Sie verknüpft nicht nur das jüdisch-christliche Erbe als Ausgangspunkt, sondern öffnet auch Türen zu einem breiteren Dialog zwischen Kulturen, Weltanschauungen und Religionen. Diese Verbindung repräsentiert einen Weg zur Heilung und universellen Versöhnung, der dazu einlädt, den Horizont zu erweitern und sich im Anderen wiederzuerkennen.


Ein Zeichen der Hoffnung

Das Friedensmal steht nicht nur für die Überwindung historischer Lasten, sondern auch für die Entwicklung eines universellen Bewusstseins, das alle Kulturen und Glaubensrichtungen umfasst. Es soll als Ort des Austauschs und der Inspiration dienen, wo Menschen friedvoll zusammenkommen und gemeinsam wachsen. Hier, im Schatten der Erinnerung an 'die Idee von Jerusalem', wird es zu einem lebendigen Symbol der Hoffnung und des lebensbejahenden Wandels.

Jede Tradition trägt zur kollektiven Weisheit bei und fördert unser gemeinsames Streben nach einer tieferen Menschlichkeit und einer harmonischen Zukunft. Indem das
Friedensmal die Vielfalt anerkennt und einbezieht, wird es zu einem Wegweiser für eine Zukunft, in der Verständigung und gegenseitiger Respekt die Grundlage für ein friedvolles Miteinander bilden.





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