Regenbogen des Bewusstseins ... gewoben aus unzähligen Schmetterlingen

Ein persönliches Wort: Als ich die Idee des Regenbogens für das Friedensmal im Jahr 2012 hatte, war mir bereits die tiefe Symbolkraft dieses Zeichens bewusst. Es steht für den Bund zwischen Gott und den Menschen und die Hoffnung auf Versöhnung und Frieden in unserer oft gespaltenen Welt. Es ist meine Vision, dass Menschen hier zusammenkommen, um Spiritualität und Begegnung zu erfahren. Der Regenbogen im Friedensmal soll noch in Form von Schmetterlingen aus unzählig vielen kleinen Glasmosaikstückchen zusammengesetzt werden. Jeder 'Schmetterling' meint jemanden, der Teil der 'Rainbow Connection' (Lied am Ende der Seite) sein will. Der Schmetterling steht für die persönliche Transformation. Gemeinsam können wir eine neue Gesellschaft schaffen.

Die Idee der Regenbogen-Schmetterlinge löst für mich das Problem, dass aus dem 'Regenbogen' Politik wurde und er so in unserer Zeit dem freien künstlerischen Ausdruck nicht mehr ausreichend gut dienen kann. Die Schmetterlinge geben ihm aber wieder die Freiheit zurück, die er braucht.

Der Regenbogen ist ein kraftvolles Symbol von tiefer spiritueller Bedeutung in der jüdischen und christlichen Tradition. In Genesis 9,8-17 steht er für Gottes umfassenden Bund mit allem Leben auf der Erde - ein grundlegendes Konzept, das weit über die Menschheit hinausgeht. Diese Bedeutung ist fest in unserer Kultur verankert und erinnert uns an Gottes Treue sowie an die universelle Ordnung, die das gesamte Leben strukturiert.

In jüngerer Zeit wurde dieses Symbol von verschiedenen Bewegungen, insbesondere der LGBTQ+-Gemeinschaft, aufgegriffen und neu interpretiert. Diese Übernahme eines religiös bedeutsamen Symbols wirft wichtige Fragen auf: Inwiefern stellt die Neuinterpretation eines so fundamentalen religiösen Symbols eine Grenzüberschreitung dar? Kann die Verwendung eines solchen Symbols ohne Berücksichtigung seiner ursprünglichen Bedeutung als eine Form von kultureller Aneignung oder sogar symbolischer Gewalt betrachtet werden?

Das Friedensmal mit seinen "Engelsflügeln", die den Garten der Freiheit begrenzen.

Es ist wichtig anzuerkennen, dass viele Menschen die Übernahme des Regenbogens als problematisch empfinden. Sie sehen darin eine Missachtung ihrer spirituellen Traditionen und Werte. Gleichzeitig leben wir in einer Zeit der Umwertung der Werte, in der traditionelle Bedeutungen oft neu interpretiert oder verdrängt werden. Dies führt zu Spannungen und Herausforderungen, die nicht ignoriert werden dürfen.

Wir müssen uns fragen: Wie können wir in einer pluralistischen Gesellschaft mit solchen Konflikten umgehen? Ist es möglich, Raum für verschiedene Interpretationen zu schaffen, ohne die ursprüngliche Bedeutung zu verdrängen? Ein aufrichtiger Dialog über diese Fragen ist notwendig. Nur durch offene, respektvolle Gespräche können wir zu einem tieferen Verständnis füreinander gelangen und mögliche Wege des Miteinanders erkunden.

Der Regenbogen könnte uns dabei als Metapher dienen - für die Vielfalt unserer Gesellschaft, aber auch für die Herausforderungen, die diese Vielfalt mit sich bringt. Er erinnert uns daran, dass echte Inklusion und Respekt nur durch gegenseitiges Verständnis und die Anerkennung unterschiedlicher Perspektiven erreicht werden können. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass es eine natürliche Ordnung und spirituelle Gesetze gibt, die unser Leben und unser moralisches Wohl beeinflussen.

Ein 26 m langer Ring wird für den Regenbogen aus Glasmosaik vorbereitet.

Letztendlich geht es darum, einen Weg zu finden, der sowohl die traditionellen spirituellen Bedeutungen als auch neuere Interpretationen respektiert, ohne dabei die Spannungen und Herausforderungen zu ignorieren, die dieser Prozess mit sich bringt. Wir müssen uns der Gefahr bewusst sein, dass das Verlassen dieser natürlichen und spirituellen Ordnungen zu einer Entfremdung von grundlegenden Werten führen kann. Nur durch die Anerkennung und Bewahrung dieser Ordnungen können wir eine harmonische und respektvolle Gesellschaft aufbauen.

Es ist dabei bemerkenswert und es wird oft übersehen, dass der Regenbogen in der jüdisch-christlichen Tradition tatsächlich sieben Farben aufweist, während der von der LGBTQ+-Bewegung verwendete Regenbogen sechs Farben hat. Zudem wird Letzterer oft in umgekehrter Reihenfolge dargestellt. Diese Unterscheidung eröffnet die Möglichkeit einer Koexistenz der Symbole, da es sich im Grunde um verschiedene Darstellungen handelt.

Allerdings liegt hier auch eine Problematik: Viele Menschen sind sich dieser Unterschiede nicht bewusst und nehmen fälschlicherweise an, es handle sich um dasselbe Symbol. Diese fehlende Aufklärung kann als eine Form der Verschleierung oder sogar als bewusste Irreführung interpretiert werden. Indem man diese Unterschiede nicht klar kommuniziert, lässt man eine Unklarheit bestehen, die zu Missverständnissen und Konflikten führen kann. Es ist daher von großer Bedeutung, aktiv über diese Unterschiede aufzuklären. Nur durch transparente Information können wir ein echtes Verständnis für die verschiedenen Bedeutungen und Ursprünge der Symbole schaffen. Dies würde nicht nur den Respekt für die ursprüngliche spirituelle Bedeutung fördern, sondern auch die Integrität neuerer Interpretationen wahren.

Rabbiner Mendelson setzt den Wendepunkt mit der Inschrift Chai - leben - in die Mitte des Friedensmals.

Die bewusste oder unbewusste Unterlassung dieser Aufklärung kann als eine Form der symbolischen Gewalt betrachtet werden, da sie die Bedeutung und Geschichte des ursprünglichen Symbols verwässert und möglicherweise missachtet. Eine offene Diskussion über diese Unterschiede und ihre Bedeutungen ist ein wesentlicher Schritt zur Förderung eines echten gegenseitigen Verständnisses und Respekts in unserer Gesellschaft. Dabei müssen wir Vielfalt in ihrer ganzen Tiefe begreifen - weit über sexuelle Orientierung oder ethnische Unterschiede hinaus. Es geht darum zu erkennen, dass jeder Mensch in seiner eigenen, einzigartigen Erfahrungswelt lebt. Die Neurodiversität, also die natürliche Variation in der Funktionsweise des menschlichen Gehirns, ist eine fundamentale Realität, die in unser kollektives Bewusstsein Eingang finden muss.

Diese Erkenntnis hat das Potential, den zwischenmenschlichen Umgang grundlegend zu verändern. Sie fordert uns auf, von vereinfachenden Interpretationen der Handlungen anderer abzusehen und stattdessen in einen authentischen Kontakt zu treten. Es geht darum, mit Offenheit und Empathie die Wahrheit im anderen zu erspüren. Dieser Ansatz könnte einen wesentlichen Schritt in der Bewusstseinsentwicklung des Menschen darstellen - weg von oberflächlichen Kategorisierungen hin zu einem tieferen Verständnis der menschlichen Vielfalt in ihrer ganzen Komplexität.

Wir mögen wieder verstehen, dass die Stricke, welche die Menschen und unsere Kultur gefangen halten im Geistigen liegen. Nur dort lässt es sich lösen: "Die Wahrheit wird euch frei machen". Der 7-farbige Regenbogen soll uns ungeachtet des Zustands der Welt an die bleibende Treue Gottes zu den Menschen erinnern.

Am Ende der Einweihung des Wendepunktes für das Leben fängt es stark zu regnen an. Dann, nach dem großen Regen über dem Friedensmal…

… sind zwei Regenbögen am Himmel zu sehen