Ein idylisches Dorf, welches im Tal am Anfang der Gebirgsstraße nach Dharamsala liegt. Es wird immer schöner. Es ist merkwürdig: ich fühle mich, als wäre ich heimgekommen. Ich glaube der Mensch erstand in einer solchen paradiesischen Landschaft, und das rührt mein Herz an. Es ist überwältigend.
In einem winzigen Dorf hatten wir gehalten, weil der Taxifahrer sich Zigaretten besorgen wollte. Da kam dieser Mann vorbei. Ich fand ihn so unbeschreiblich schön, daß ich ihn fragte, ob ich ihn fotografieren darf. Er schaute mir voll konzentriert und unverwandt in die Augen, wie ich es bei den Menschen in Indien so oft erlebte. Zwar konnte ich mich nicht wegen der fremden Sprache mit den Menschen in Worten unterhalten, doch empfand ich durch den Blickkontakt eine Nähe, wie ich sie nur selten von Gesprächen in der Heimat kenne.
Er zeigt dieses Gesicht von Indien, weswegen es mir später so schwer fallen sollte, mich wieder in Deutschland einzugewöhnen. Es gibt glückliche Menschen in Indien! Viele glückliche Menschen: unverbogen, wirklich frei, in keinen Spielen verfangen, ohne Masken, einfach und in aller Armut, aber voll Anmut und Ehrlichkeit den Glanz der eigenen Seele in die Welt schenkend. In unserer westlichen Kultur kann man sich kaum noch vorstellen, was wirkliche Freiheit bedeutet, was Menschenwürde jenseits der materiellen Dinge bedeuten könnte. Mancher mag sich ja äußerlich frei wähnen - aber wie sieht es mit der Seele aus?
Hier begann ich wieder zu glauben, daß der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Welche Armut leben wir oft im reichen zu Hause... Wie sehr ich dieses Indien vermisse.
Das Grün der Natur ist vielfältiger als was ich bisher kannte. Dieses ganz helle Grün sind Reisfelder.
Dieser Mann wanderte jenseits jeder Stadt die Straße entlang. Er war für mich schon eine ungewöhnliche Erscheinung - welche Freiheit liegt darin!
Ich wanderte dort auch entlang, um ein paar schöne Fotos von der Landschaft zu machen. Da traf ich ihn. Mir ist immer wieder aufgefallen, wie schick sich oft die Leute selbst in den ärmsten Verhältnissen machen. Sie drücken Würde aus, ja Würde: er war bestimmt kein Dressman in seinen jungen Jahren. Wie wäre es, sich nicht mehr der allgemein üblichen Häßlichkeit und Langweile westlicher Kleidung anzupassen und schön gewandet wie in Indien seine Umgebung damit zu erfreuen? Wie wäre es damit zum Ausdruckt zu bringen, wie sehr man das Leben schätzt und feiert? Ich höre es schon: "Ach was sollen da die anderen Leute denken..." Wie sieht es also mit der wirklichen Freiheit aus?
Hier hatten wir auf der Fahrt halten müssen, da die Straße freigesprengt werden mußte. Das ist der Blick von der Straße nach unten. Nach Dharamsala ist es nun nicht mehr weit.
Das Sprengen hat ein wenig gedauert, so daß ich Zeit hatte auf der anderen Seite der Straße einen Hang hochzulaufen, bis ich oben auf einem kleinen Plateau ankam. Hirtinnen weiden die Kühe. Eigentlich habe ich auf dem Land immer nur Hirtinnen und keine Hirten gesehen.
Ein Dorf kurz vor Dharamsala. In der Regel sind die Dörfer alle entlang der Straße gebaut. Es gibt keine zweiten Reihen von Häusern. Das macht die Dörfer immer sehr lang. Unser Ziel ist Mc Leod Ganj, gleich nach der etwas größeren Stadt Dharamsala. Mc Leod Ganj ist eine tibetische Kolonie.
Nun sind wir in Mc Leod Ganj angekommen. Was auffällt ist die Menge an israelischen Restaurants. Auch die meisten Reisenden kommen wahrscheinlich aus Israel. Ich habe wunderbare Gespräche geführt und ich weiß nun, wen ich alles in Israel besuche. Der Aufkleber befindet sich an der Tür eines Restaurants. Das ist unverkennbar ein Hippi. Die Stadt atmet auch diesen Geist: es ist ein Treffpunkt junger Menschen aus der ganzen Welt. Das friedliche Miteinander der Kulturen ist hier Wirklichkeit. Erfahrenswert!
Die Touristen ziehen allerdings auch wieder die Geschäftemacher an, die mit organisierten Bettlerbanden, oft Lepragezeichente, jeden Tag die Stadt besuchen. Da bleibt das Herz solange weich, bis das Geld all ist, oder man allzu dreist um dieses gebracht wurde, daß es einem dämmert, wie das System funktioniert.
Was ich auch noch spüren konnte, ist die starke Energie an diesem Ort. Ich kann es mit keinem anderen Wort als Energie bezeichnen. Sie ist so stark, daß mein ganzer Körper anfing angenehm zu brennen und mir die Energie so zu Kopfe stieg, daß ich wirklich High war (ganz ohne Drogen) - vielleicht hängt ja auch deshalb das Bild vom Hippi da. Im Ernst: Es ist bekannt, daß die tibetischen Mönche viel meditieren und Tantra ausüben. Die Wirkung davon kann man auch am Ort als "Energie" spüren. Es hat nichts damit zu tun, welche Religion nun die einzig wahre ist, sondern es ist durchaus eine naturgesetzliche Angelegenheit, welche die westliche Wissenschaft aber noch nicht erforscht hat.
Die Speisekarte auf hebräisch. Jede Mahlzeit haben wir in einem israelischen Restaurant eingenommen - einfach weil es die besten Restaurants dort waren und Claudia und ich die Atmosphäre mochten.
Anmerkung: Eigentlich hätte die Überschrift heißen müssen: "Besuch am Ort des Dalai Lama". Aber nur 1 Jahr später war ich dann wirklich bei ihm.
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